Das Orgelmuseum Unterschleissheim im IAZ ist seit Samstag, 18.März jetzt ganz geschlossen!

Alois Piterna (Foto: Privat)

Die noch dort verbliebenen ca. 140 Orgeln und Keyboads werden jetzt zwischengelagert, da eine neue, für mich auch bezahlbaren neue Ausstellungsfläche noch nicht gefunden wurde. Somit gibt es bis auf weiteres auch keine Vorführungen und Konzerte mit mir. Das Orgelmuseum wurde und wird durch mich alleine und ganz ohne öffentliche Mittel privat finanziert. Weitere Informationen gibt es auf meiner Homepage: www.orgelmuseum.com

Artikel Merkur.de vom 01.03.2023

Mietvertrag für Orgelmuseum ausgelaufen – Wo ist Platz für diese Raritäten?

Von: Sabina Brosch

Das Orgelmuseum muss umziehen. Die seltenen Stücke benötigen viel Raum. Foto: © Sabina Brosch

Das Orgelmuseum sucht eine neue Heimat. Der Mietvertrag ist soeben ausgelaufen, und Museumsleiter Alois Piterna (69) sucht noch nach Räumen für seine 160 Orgeln und Keyboards.

Unterschleißheim – Es herrscht Tristesse im Isar-Amper Einkaufszentrum (IAZ) in Unterschleißheim: leere Geschäfte, die Rolltreppe und der Lift sind abgeschaltet. Im ersten Stock jedoch brennt noch Licht, auf gut 300 Quadratmetern stehen kreuz und quer Orgeln herum, liegen meterweise Kabel, stapeln sich Musiknoten-Hefte und mittendrin ein strahlender Alois Piterna. „Eigentlich sollte es auch hier schon leer sein. Ich habe von 440 Orgeln auch schon auf 140 reduziert. Aber ich habe noch nichts Passendes für das Orgelmuseum gefunden.“ Er bat bei dem Gebäudeeigentümer regelmäßig um Aufschub, verzichtete auf Heizung und bezahlte auch weiterhin seine Miete. Denn Piterna vertraut auf die zahlreichen Unterstützer, die zum Teil aus den Reihen der Stadträte aber auch den Unterschleißheimer Geschäftsleuten kommen und ihm ihre Hilfe bei der Suche nach passenden neuen Räumen zugesagt haben.

Museum soll auch zukünftig zentral liegen

Aus Unterschleißheim will Piterna nicht weg, und möglichst zentral soll das Orgelmuseum künftig auch liegen. „Waren die Eltern unten am Marktplatz oder im IAZ beim Einkaufen, dann schickten sie ihre Kinder zu mir herauf. Der Platz hier war ideal“, sagt Piterna. Auf diese Laufkundschaft will er künftig nicht verzichten. Dabei setzt er auf seine Bekanntheit am und im Ort. Er leitete über 40 Jahre die Musikschule, 17 seiner ehemaligen Schüler sind Lehrer in Unterschleißheim, aktuell unterrichtet Piterna noch neun Schüler. Studiert hat er Konzertorganist und Orgellehrer, seine erste eigene Orgel erwarb er 1973, spielte in unterschiedlichen Bands nicht nur an der Orgel, sondern auch am Schlagzeug und finanzierte sich seinen Lebensunterhalt als Vorführer von Instrumenten. 1969 stieg er bei der Firma Solten ein, wechselte ein Jahr später zum japanischen Hersteller Yamaha, pendelte viele Jahre zwischen Zürich, Hannover und London.

Vorführ-Orgel günstig erstanden

Seit dieser Zeit sammelt Piterna Orgeln, „denn ich konnte die Vorführ-Orgeln oft günstig erwerben. Statt 50 000 Mark bekam ich sie für einen Bruchteil und konnte den Kaufpreis oft auch noch durch seine Arbeit als Orgel-Vorführer abarbeiten“.

Unter Bürgermeister Rolf Zeitler baute er das Orgelmuseum zu einem städtischen Museum auf, 2017 jedoch wurde das Museum „nach einem Stadtratsbeschluss an mich rückabgewickelt“ und er bezog die Räume im IAZ. Piterna wusste, dass der Mietvertrag zeitlich befristet war, die Stadt das Gelände umgestalten wollte. „Aber dass das Ende feststeht, schiebt man natürlich erst mal vor sich her“, so Piterna. Bis zu 100 Besucher kamen monatlich in das Museum, zahlreiche schweizerische oder niederländische Fernsehsender und auch zahlreiche Studiomusiker haben hier ihre Ton-Aufnahmen gemacht, viele Orgelhersteller ihre Produkt-Neuheiten vorgestellt.

Diese Ausstellung ist die einzige ihrer Art

Denn Piternas Ausstellung ist die einzige ihrer Art. Ein ähnliches Museum habe es bis vor zehn Jahren in der Schweiz gegeben, der Hersteller Yamaha habe in Tokio eher einen Showroom der eigenen Produkte. „Bei mir stehen 40 verschiedene Fabrikate, wobei 34 schon gar nicht mehr produziert werden.“ Darunter auch „Kuriositäten“, wie etwa eine Hammond-Orgel, die man 15 Minuten vor dem Spielen einschalten muss, damit die Röhren hochfahren. Eine andere aus den 1980er Jahren besteht aus über 200 000 Bauteilen, „die kostet 90 000 Euro“, für deren Innenleben interessieren sich dann eher Radio- und Fernsehtechniker, die dann über Platinen oder Sinus-Kurven fachsimpeln.

Jede Orgel hat ihre eigene Geschichte, die Piterna erzählen kann. Etwa, dass er mit VW Bus und Hund schon mal 14 Tage nach England unterwegs war, um ein weiteres Instrument nach Unterschleißheim zu bringen. Alle Besucher hatten in das Orgelmuseum stets freien Eintritt. „Die Miete und den Unterhalt habe ich durch das Unterrichten und durch Konzerte, die hier stattgefunden haben, finanziert.“

Artikel Süddeutsche Zeitung vom 24.02.2023

Wohin mit 160 Orgeln und Keyboards?

Foto: Alessandra Schellnegger
Alois Piternas Orgelmuseum ist in dem sonst bereits weitgehend leeren IAZ untergebracht.

Ende Februar soll Alois Piterna mit seinem Orgelmuseum aus dem maroden Isar-Amper-Zentrum in Unterschleißheim ausziehen. Für seine Sammlung elektronischer Instrumente hat er noch keine neuen Ausstellungsräume gefunden. Doch er ist zuversichtlich.

Von Tilmann Wensky, Unterschleißheim

Es herrscht Endzeitstimmung im Isar-Amper-Zentrum (IAZ) in Unterschleißheim: Nahezu alle Ladenflächen stehen leer, das Glasdach ist der dicken Schmutzschicht zufolge schon lange nicht mehr gereinigt worden, vereinzelt stehen Eimer am Boden, um das von der Decke tröpfelnde Wasser aufzufangen. Der bevorstehende Abriss des IAZ ist deutlich zu spüren. Das marode Einkaufszentrum soll Platz machen für eine neue Stadtmitte. Ein verbliebener Mieter sticht klar heraus: Alois Piterna mit seinem Orgelmuseum, dessen 280 Quadratmeter großer, hell erleuchteter Raum im Obergeschoss des IAZ bislang dringend benötigte Wärme ausstrahlt.

Foto: Alessandra Schellnegger
Alois Paterna lässt sich von der Situation seine gute Laune nicht verderben.

Vom kurz bevorstehenden Auszug des Museums ist wenig zu spüren. Piterna wurde zum Monatsende gekündigt. Noch aber lädt der weitläufige Raum zum Erkunden ein. Dicht aneinander gereiht stehen elektronische Orgeln unterschiedlicher Größen und Formen. Manche sind mit glänzendem Holz verkleidet, andere mit cremefarbenem oder schwarzem Kunststoff, die Tasten und Schalthebel gibt es in allen möglichen Farben. Mittendrin steht der Inhaber Piterna und sprudelt vor Enthusiasmus, obwohl er noch keine bezahlbaren und ausreichend große Räume für seine insgesamt 160 Orgeln und Keyboards gefunden hat. „Ich finde ganz sicher was“, sagt er überzeugt.

Foto: Alessandra Schellnegger
Die ältesten Stücke der Sammlung stammen aus den Siebzigerjahren.

Durch den Begriff „Museum“ könnte man den falschen Eindruck gewinnen, dass die Instrumente als Ausstellungsstücke durch Glasfenster abgeriegelt präsentiert werden. Das ist nicht der Fall. Es ist ein Ort zum Anfassen und Musizieren. Jede der elektronischen Orgeln ist funktionstüchtig und kann gespielt werden. Piterna unterrichtete hier und veranstaltete Konzerte, um die Kosten des Museums zu finanzieren. Eintritt verlangte er nie. Seine beachtliche Sammlung umfasst elektronische Orgeln, vor allem aus Japan, den USA und Europa. Die ältesten stammen aus den Siebzigerjahren.

Foto: Alessandra Schellnegger
Die Orgeln gibt es in allen möglichen Formen und Farben.

Ein vielfältiges Publikum besuchte das Orgelmuseum. Teils waren es Interessierte aus Unterschleißheim und der Region, teils gleichgesinnte Orgelliebhaber aus aller Welt. Viele seien der Nostalgie wegen gekommen oder, weil sie sich für den technischen Aufbau der Instrumente interessierten, sagt Piterna. Manche Orgeln aus den Achtzigerjahren bestehen aus mehr als 200 000 Bauteilen. Wenn man die Abdeckung einer schmuck aussehenden elektronischen Orgel öffnet, erwartet einen ein Kabelsalat sondergleichen. Unzählige Stränge winden sich durch das Innere von einer Platine zur nächsten. Piterna schätzt das Gesamtgewicht seiner Sammlung auf 30 Tonnen.

„Ich habe noch nie so viel Unterstützung bekommen“

Die Faszination für das Instrument begleitet Piterna seit mehreren Jahrzehnten. Mit 20 Jahren begann der gebürtige Erdinger eine Ausbildung zum Organisten. Die erste eigene Orgel kaufte er 1973. Er trat als Organist mit verschiedenen Bands auf, knüpfte Kontakte zu den Herstellern, besuchte Fachmessen und erlangte so sein umfassendes Sachwissen. Nach abwechslungsreichen Jahren, in denen er zwischen Hannover, Zürich und London pendelte, wurde er in Unterschleißheim sesshaft. Hier leitete er 40 Jahre lang bis 2020 die Musikschule und eröffnete 2003 das Orgelmuseum. Nun genießt es der 69-Jährige, sich auf seine Leidenschaft zu konzentrieren: „Keine Verwaltung mehr, nur Unterricht und Konzerte.“

Für Piterna kam die Kündigung der gemieteten Fläche um den Jahreswechsel nicht überraschend. Als er Mitte 2017 die Räumlichkeit im IAZ bezog, wusste er bereits, dass die Tage das in den Achtzigerjahren gebauten Einkaufszentrums gezählt waren. Vielen gilt das leerstehende Kaufhaus als trauriges Beispiel für die Verödung deutscher Innenstädte. Die Investment-Gesellschaft Rock Capital hingegen sah darin ungenutztes Potenzial inmitten des Zentrums Unterschleißheims. Seit 2015 kaufte das Grünwalder Unternehmen nach und nach die Ladenflächen auf, bis es sämtliche Anteile besaß. Der langfristige Plan ist, die Stadtmitte grundlegend umzugestalten. Bis 2033 sollen neue Wohnanlagen und Räume für Einzelhandel und Gastronomie entstehen. Für Piternas Orgelmuseum wird hier kein Platz mehr sein. Obwohl das IAZ erst 2025 abgerissen werden soll, müssen die aktuell verbliebenen Mieter bereits Ende Februar ausziehen, um die Kosten zur Instandhaltung des Gebäudes für zwei weitere Jahre zu sparen.

Seitdem gelang es dem Musiker, die Sammlung von 440 Stücken auf 140 Orgeln und 20 Keyboards zu reduzieren, um den Auszug unkomplizierter zu gestalten. Er hofft, einen Teil der Sammlung dem Deutschen Museum schenken zu können. In Zukunft könne er sich vorstellen, seine Ausstellung anders zu gestalten. Eine mögliche Option wäre es, nur eine kleine Auswahl an Instrumenten zu zeigen, und den Großteil in einem Depot auszulagern. Insgesamt ist er zuversichtlich. „Ich habe noch nie so viel Unterstützung bekommen“, sagt er. Zum Abschied plant Piterna für Montag, 27. Februar, einen letzten Tag der offenen Tür von 16 bis 18 Uhr.

Link zum Artikel: https://www.sueddeutsche.de/muenchen/landkreismuenchen/unterschleissheim-alois-piterna-orgelmuseum-piterna-1.5758064